1918–1927 Daimler

Mit der Anstellung am 1. April 1918 zum Chefkonstrukteur des Flugzeugbaus der Daimler Motoren-Gesellschaft (DMG) in Sindelfingen begann für Hanns Klemm eine neue Herausforderung.

Daimler-Anstellungsvertrag vom 25. Februar 1918
Daimler 6. März 1918

Wenige Wochen nach Dienstantritt kam Tochter Renate zur Welt. Die Familie zog bald in ein kleines Haus mit Garten nach Sindelfingen, Böblinger Allee 62, das im Gebiet Wiesengrund lag. Es war das letzte Wohnhaus in der Böblinger Straße Richtung Böblingen. Wie lange Klemm darin gewohnt hat, ist noch nicht bekannt.

Sindelfingen Böblinger Allee 62 Klemm 1918-04-05 (LA-BW_HA-STG_M_700-1 (150) Böblingen Flugplatz 12238)
Sindelfingen Böblinger Allee 62 Klemm 1918-05-13 (LA-BW_HA-STG_M_700-1 (168)
Sindelfingen Böblinger Allee 62 (jetzt Tübinger Allee) Klemm-Grundstück 2023. Gegenüber später IBM jetzt Daimler

Jahre später (?) zog die Familie zur Miete nach Sindelfingen, Bahnhofsstraße 38, bekannt als Haus „Dinkelacker“. Nach seinem Abschied 1927 schenkte Daimler Hanns Klemm das Haus, verkaufte es aber zwei bis drei Jahre später und zog nach Böblingen in die Waldburgstraße.


Es war noch die Zeit des I.Weltkriegs und für die Front wurden Flugzeuge gebraucht, die Daimler L6, L8 und L9 wurden gebaut, schafften es aber nur zu Prototypen.

Klemm entwickelte noch die beiden abgestrebten Hochdecker Daimler L 11, einen Jagdeinsitzer, und das Daimler L 14, ein zweisitziges Beobachtungsflugzeug. Es wurden aber nur Prototypen gebaut, die Maschinen kamen aber nicht mehr zum Einsatz, da am 11. November 1918 der Weltkrieg zu Ende war und deshalb verschrottet wurden. Damit begann für Daimler eine schwierige Zeit, es musste von militärische auf zivile Produktion umgestellt werden. Die großen Bestände an Holz und Segeltuch, die eigentlich für den Bau von Kriegsflugzeugen gedacht waren, wurden vorübergehend für die Produktion von Möbeln verwendet. Doch mit der Zeit lief auch die PKW-Produktion wieder an und somit auch der Karosseriebau in Sindelfingen, welcher nach den Plänen von Daimler Klemm übernehmen sollte. 1919 wurde er Leiter des Konstruktionsbüros der DMG in Sindelfingen und 1920 Technischen Direktor und blieb es bis zu seinem Ausscheiden aus der Firma im Frühjahr 1928.

Klemm begann mit der Umgestaltung der Karosserieherstellung in konstruktiver und betriebstechnischer Hinsicht, vom „Handwerksmäßigen“ zur Serien-Fabrikation In der österreichischen „Allgemeine Automobil-Zeitung“ vom 1. April 1923 verfasste Hanns Klemm einen Bericht über das Mercedes-Karosseriewerk in Sindelfingen.

Die „heimliche“ Liebe zum Flugzeugbau bewog ihn außerhalb seiner eigentlichen Aufgabe schon ab dem Winter 1918/1919 in Nachtstunden an seiner Idee eines Leichtflugzeuges zu arbeiten. Klemm’s Grundidee war, durch leichte, billige und wirtschaftliche Flugzeuge das Fliegen für viele Menschen möglich zu machen. Dies erreichte er durch die Verbindung seines Leichtflugzeugbaus mit den damals zur Verfügung stehenden sparsamen und billigen Kleinmotoren. Ungewollt kam diesem Konzept auch die Bestimmungen des Versailler Vertrages entgegen. Deutschland sollte verboten werden, in Zukunft Militärflugzeuge zu bauen. Auch für Zivilflugzeuge war die Motorleistung nach den Begriffsbestimmungen erheblich eingeschränkt. Das führte zwangsläufig zur Entwicklung des schwachmotorigen Flugzeugs, das Klemm anstrebte. Es mussten neue Wege gesucht werden, z.B. durch die Verfeinerung der Aerodynamik, um mit geringen Motorleistungen auszukommen. Und so baute Klemm im Spätsommer 1919 unter dem Siegel der Verschwiegenheit das erste einmotorige Leichtflugzeug der Welt, den Hochdecker Daimler L 15, der aber kurz nach seinem ersten Start zu Bruch ging. Aus verschiedenen Gründen verbot Daimler Klemm den Flugzeugbau und er setzte seine ganze Kraft wieder der Arbeit als Leiter des Karosseriewerkes ein. In diese Zeit fällt der Bau der ersten Stromlinien-Rennkarosse nach Modellversuchen im Göttinger Windkanal.

Erst 1922 konnte Klemm Daimler vom Flugzeugbau überzeugen, nachdem die Segelfliegerei stark aufgekommen war. Die beschädigte Daimler L 15 wurde wieder flott gemacht und Flugversuche als Segelflugzeug ohne Motor auf dem Segelfluggelände „Teck“, auf der Schwäbischen Alb (und auf der Rhön)  durchgeführt. Weitere erfolgreiche Versuche konnten letztendlich den DMG-Vorstand in einer Denkschrift überzeugen und somit waren alle Bedenken gegen den Leichtflugzeugbau aufgehoben. Ab dem Sommer wurde die Daimler-Klemm L 17  und die Daimler-Klemm L 18 gebaut, eine verbesserte Daimler L 15, mit schmaleren Flügeln und als Einsitzer. Eine Daimler-Klemm L 19 wurde geplant, aber nicht gebaut.

Den internationalen Siegeszug der Klemm-Flugzeuge leitete die Daimler-Klemm L 20 ein. Um am Deutschland-Rundflug 1925 teilnehmen zu können, erhielt die L20 einen zweiten Motor und wurde als Daimler-Klemm L 21 bezeichnet. Der Rundflug wurde ein großer Erfolg für die Klemm-Maschinen. Große Aufmerksamkeit erregte auch ein Schaufliegen mit der L20 in Anwesenheit des Reichspräsidenten v. Hindenburg.

1926 schlossen sich die Firmen Daimler und Benz zur Daimler-Benz AG zusammen. Die neue Firma hatte aber am Flugzeugbau kein Interesse. Am 21. Oktober 1926 vermeldete dann das Berliner Tagblatt, dass die Daimler-Benz AG erwägt, die Flugzeugabteilung der Daimlerwerke in Sindelfingen bei Stuttgart vom Automobilbau abzutrennen und dafür eine eigene Gesellschaft zu bilden. Diese neue Gesellschaft soll mit soviel Kapital ausgestattet werden, dass sie den Bau der Leichtflugzeuge in größerem Umfange aufnehmen kann. Daimler kam mit Hanns Klemm überein, dass er technischer Direktor bleiben und sich auch selbstständig machen konnte. Am 15. Dezember 1926 gründete er mit einem Startkapital von 3.000 RM und 10 Mitarbeitern die „Leichtflugzeugbau Klemm“ zusammen mit der „Klemm Fliegerschule“. Im Vorfeld mussten aber mit Daimler noch ein paar Details geklärt werden.

Klemm durfte noch bis Dezember 1927 in der alten Flugzeughalle produzieren, bis er in neue Räume am Rande des Stuttgart-Böblinger Landesflughafens umziehen konnte.  Werkmeister Fahrenbach war nun Meister des Klemm-Flugzeugbaus und blieb bis ans Ende des Zweiten Weltkriegs Leiter des Werkstattbetriebes. Zu den ersten Klemm-Leuten gehörten auch Heinrich und Paul Mickeler aus Holzgerlingen, der Schlosser Albert Hirner, der Monteur Höfle, ferner Hagenmeier, Reiniger und Rothfuß.

Damit beginnt eine neue Ära für Hanns Klemm, die als freier Unternehmer


Hanns Klemm Entwicklung

Eine Antwort zu 1918–1927 Daimler

  1. rononhistory schreibt:

    Danke für Ihre Webseite! Sehr informativ!
    Ich wollte schon immer wissen, welche Flugzeuge von der Riedmühlestrasse abhoben!

    Darf ich mir eine Korrrktur des Inhalts erlauben?:

    Zitat: „1926 schlossen sich die beiden Daimler-Motorenwerke zur Daimler-Benz AG zusammen.“
    Anmerkung: es handelte sich nicht um zwei Daimler Motorenwerke, sondern um die Firmen Daimler und Benz, die im Zuge der Konsolidierung der deutschen Automobilindustrie fusionieren mussten, um zu überleben

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